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Smarte Meter: Intelligente Stromzähler sind profitabel (aber trotzdem doof)

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(Anmerkung: Das Forschungsblog des Fraunhoferinstituts stellt demnächst den Betrieb ein bzw. wird von anderen Leuten neu gestaltet. Ich habe ja auch ein paar Artikel für dieses Blog geschrieben und ein paar unveröffentlichte sind noch in meinem Fundus übrig geblieben. Sie passen thematisch zwar nicht unbedingt zu dem, was ich hier sonst so schreibe – aber bevor sie ganz verschwinden, veröffentliche ich sie einfach hier.)

Es wird ja alles immer intelligenter. Früher hatten wir ganz normale Telefone. Jetzt haben wir Smartphones. Der ordinäre Fernsehapparat ist heute ein “Smart TV,” der auch im Internet surfen kann. Alles wird smart und wenn es nach einer Studie von Schweizer Wissenschaftlern geht, soll auch der Stromzähler bald überall intelligent werden. Bis jetzt hat der ja meistens unbeachtet vor sich hin getickt.

So sieht die Zukunft aus (Bild: EVB Energie AG, CC-BY-SA 3.0)

So sieht die Zukunft aus (Bild: EVB Energie AG, CC-BY-SA 3.0)

Die neue Generation der Stromzähler ist aber nun “smart”. Das bedeutet, dass der Zähler nicht einfach nur zählt, sondern die gezählten Daten auch auswerten kann. Man kann sich den eigenen Stromverbrauch direkt am Computer anzeigen lassen und der Zählerstand kann direkt an den Stromlieferanten übermittelt werden. Der Zähler weiß genau, wann ein Haushalt wie viel Strom verbraucht hat und zeichnet diese Daten auf. Das bietet natürlich viele Möglichkeiten, um Strom und Geld zu sparen,

Der Stromlieferant könnte zum Beispiel spezielle Tarife anbieten, bei denen der Strom zu unterschiedlichen Tageszeiten unterschiedlich viel Geld kostet. Die intelligenten Zähler wissen ja genau, wann man den Strom verbraucht und kann das entsprechend abgerechnen. Wenn ein Haushalt in einem Monat mehr Strom verbraucht als im Monat davor oder mehr Strom verbraucht, als im Durchschnitt, dann kann der Stromlieferant darauf hinweisen. Das könnte ein Anreiz sein, Strom zu sparen. Zusammen mit intelligenten Leitungsnetzwerken können die Daten der intelligenten Stromzähler dazu dienen, das Netz optimal auszulasten und auch hier Strom und Geld einzusparen. Inbesondere, wenn wir stärker Wind- und Sonnenenergien nutzen wollen, ist die optimale Netzauslastung ein Riesenthema.

Wie nützlich der Einsatz von intelligenten Zählern tatsächlich ist, haben Wissenschaftler aus der Schweiz untersucht. Ihre umfangreiche Studie hat verschiedene Szenarien für die Zukunft durchgespielt. Neben der Beibehaltung des Status Quo wurde untersucht, was passiert wenn in den nächsten Jahren 20 Prozent der Stromzähler intelligent sind und wie die Situation aussehen würde, wenn die smarten Zähler flächendeckend eingesetzt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass so ein flächendeckender Einsatz für die Schweiz rentabel wäre. Insgesamt würde man davon profitieren. Allerdings nicht alle. Die Netzbetreiber und Stromlieferanten würden keine neuen Gewinne machen; nur die Konsumenten profitieren. Sie können zwischen 1,5 und 2,5 Milliarden Franken einsparen während die Investitionskosten in das neue Netz 1 Milliarde kostet. Gesamtwirtschaftlich sei die flächendeckende Einführung als rentabel, meinen die Schweizer Forscher (Der prognostizierte Effekt auf die Schweizer Wirtschaft ist mit einer Steigerung von 0,02 Prozent und 650 neuen Arbeitsplätzen allerdings eher gering).

Solche Stromzähler gehören bald zur Vergangenheit (Bild: Quistnix at nl.wikipedia, CC-BY 2.5)

Solche Stromzähler gehören bald zur Vergangenheit (Bild: Quistnix at nl.wikipedia, CC-BY 2.5)

Nicht alle finden die intelligenten Stromzähler gut (inklusive mir, und das nicht nur, weil ich “Blackout” von Marcus Elsberg gelesen habe). Vor allem die Datenschützer sind nicht damit einverstanden, dass genau aufgezeichnet wird, wann wer wie viel Strom verbraucht. Man könnte so zum Beispiel herausfinden, wie viele Menschen sich in einem Haus aufhalten, wann sie das tun und welche Geräte sie betreiben. Solche sensiblen Daten können natürlich missbraucht werden und man möchte sie nicht unbedingt privaten Firmen zur Verfügung stellen. Wenn dank der intelligenten Zähler in Zukunft der Stromverbrauch nach Tageszeiten abgerechnet wird, dann diskriminiert das Verbraucher, die nicht flexibel darauf reagieren können. Wenn die Kinder morgens in die Schule müssen, dann brauchen sie morgens auch Strom für Bad und Küche. Egal ob er gerade teuer ist oder nicht. Und Nachts müssen sie schlafen und können nicht ihre Hausaufgaben am Computer machen, auch wenn es jetzt gerade billig wäre.

Man möchte vielleicht auch nicht unbedingt ständig vom Strombetreiber ermahnt werden, wenn man mal mehr Strom verbraucht hat als üblich. Natürlich lässt sich durch solche Mahnungen und das damit verbundene schlechte Gewissen der Verbraucher Strom einsparen. Aber ob das wirklich der richtige Weg in eine stromsparende Zukunft ist, bleibt zweifelhaft.

In Deutschland ist der Einbau von intelligenten Stromzählern nur bei Neubauten und Totalsanierungen verpflichtend. Es wird also noch ein bisschen dauern, bevor uns der Zähler bei den Stadtwerken verpetzt, weil wir schon wieder zu lange fern gesehen haben…

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